Sonntag, 31. Mai 2015

31.5.15

Heute machten wir uns also auf den Weg,  fast 30 km und ein Weg auf über 1400m warten auf uns. Um 8.00 beginnen wir mit unserem Morgenimpuls den Pilgertag. Dann verlassen wir St. Jean Pied-de-Port über eine alte römische Pilgerstrasse. Wieviele Menschen da wohl schon gelaufen sind? 



Mit uns startet eine Gruppe Iren, einige Australier, zwei Koreaner, eine Österreicherin und noch einige, deren Nationalität ich erst im Laufe des Tages erfahre. Manche sehen wir nur einmal, andere laufen uns immer wieder über den Weg. Der beginnt gleich mit einer ordentlichen Steigung und hinter jeder Kurve wartet ein neue Steigung auf uns. St. Jean liegt auf 169m und 1400m wollen da ersteinmal gelaufen und erstiegen sein.



Aber wir gehen und steigen Schritt für Schritt unserem Ziel Roncesvalles entgegen. Der Weg zieht sich, wir bewältigen ihn, aber er ist unbeschreiblich  anstrengend.

Mitten in einer Schafweide machen wir, im Schutz einiger Felsen, um 13 Uhr unsere Mittagsrast. Ich esse nur Obst, für alles andere ist es mir zu warm. Über 5l habe ich im Laufe des Tages getrunken, unglaublich. Die Sonne sticht für mich schon ungewöhnlich stark erst vom französischen, dann vom navarrisch-spanischen Himmel. Trotz Sonnencreme LSF 50 sind meine Arme und mein Nacken krebsrot.

Gegen 14 Uhr erreichen wir die Rolandsquelle, wo wir vorschriftmässig unsere Augen mit dem Quellwasser waschen, da dies seit altersher dafür helfen soll. Die Quelle ist derart hässlich eingefasst, dass ich sie nicht einmal fotografieren wollte. Nach wenigen Schritten erreichen wir den Grenzstein und sind nun also in Spanien in der Region Navarra.


Durch das mittlerweile vierte Land führt uns nun also unser Weg, Deutschland, die Schweiz, Frankreich und nun also Spanien.

Erst geht es nochmal ordentlich den spanischen Berg hoch (genauso anstrengend wie der französische ....) dann ist die Passhöhe endlich erreicht.

Wo es auf der einen Seite rauf geht, gehts auf der anderen runter! 3,5 km lang ist der Abstieg nach Roncesvalles und er hat es in sich. So steil wie es raufging, gings auch wieder runter. Da war ich nun doch dankbar, die die Sonne so stark war, bei Regen verwandelt sich so ein extrem steiler Abstieg in einen Albtraum, das hatten wir ja schon diverse Male in den vergangenen Jahren.


Aber so war es ok und wir erreichten die Klosteranlage. Roncesvalles besteht eigentlich nur aus diesem Kloster mit einigen wenigen Häusern drum herum.


Die Anlage ist beeindruckend, wir laufen einmal herum und finden unsere Herberge,  die Casa de Beneficiados, die ein Teil der Klosteranlage ist. Bis wir unsere Zimmer bezogen haben,  die sich als schöne Appartements mit Kochnische, Wohn- und Schlafbereich und Bad herausstellen, ist es schon 17.15 Uhr. Um 18 Uhr beginnt die Pilgermesse, also schnell unter die Dusche und fertiggemacht. Der Gottesdienst ist auf spanisch, wir werden auf deutsch begrüsst und die Liste der Nationalitäten von Pilgern, die daran teilnehmen, ist beeindruckend lange.  

Am Ende bekommen wir, ebenfalls auf deutsch, den Pilgersegen und es berührt mich sehr, in dieser grossen Schar von Pilgern aus aller Herren Länder zu stehen.


Natürlich darf in dieser Kirche auch der hl. Jakobus nicht fehlen.

Nach einem leckeren Abendessen gehe ich auf mein Zimmer,  wo ich noch Wäsche mache und diesen Blog schreibe. Der Tag zeigt seine Spuren und ich bin sehr müde.

"Gott sei mit dir - das wünsche ich dir
Ich wünsche dir ein warmes Herz und darin eine Nachtigall.
Ich wünsche dir einen Himmel voller Sonne und singende Vögel.
Ich wünsche dir starke Hände um
zu tragen und offene Arme, um zu lieben.
Ich wünsche dir einen guten Gott, der dich jeden Tag segnet.
Ich wünsche dir von Zeit zu Zeit einen Sessel, um einzuschlafen.
Ich wünsche dir ein Jahr, wovon du sagen wirst:
Es möge viele Jahre dauern."
 (Phil Bosman)
Seid behütet
Eure Karin

Samstag, 30. Mai 2015

30.5.15



Punkt 4.30 heute morgen verliessen wir unser Langensendelbach mit dem Bus Richtung Flughafen München. Der Weg war angenehm und wir kamen  rechtzeitig und ohne Stress an. Eingecheckt war schnell, dank der guten Planung des Pilgerbüros. Schon aufregend, bis alle 24 ihren Platz gefunden hatten. Aber es klappte alles hervorragend und nach einem sehr ruhigen Flug landeten wir überpünktlich in Bilbao. Der Shuttlebus war auch schon da und so konnten wir die Fahrt zu unserem Ausgangspunkt St, Jean Pied de Port antreten. 


Unser Hotel entpuppt sich als schönes einfaches Haus mit einem sehr freundlichen Wirt, der uns herzlich willkommen heisst. 

Ich bekomme zu meiner Überraschung gleich den Kirchschlüssel zur gegenüberliegenden Kirche ausgehändigt, was meine Mitpilger mit "wer sonst" kommentieren.


Dann sind wir aufgebrochen, um das kleine Örtchen zu erkunden und uns unseren ersten Pilgerstempel zu holen.
Ausserdem stellen wir fest, wo wir morgen früh in den Weg einsteigen werden.


In der Kirche, zu der mir unser Wirt so bereitwillig den Schlüssel ausgehändigt hat, halten wir unseren Abendimpuls und singen u.a. zum ersten Mal unser Pilgerlied 'Dona nobis pacem',  was uns alle tief bewegt. Dieses Lied ist für viele von uns untrennbar mit unserem gemeinsamen Weg verbunden.


So geht unser Anreisetag langsam zu Ende. Am Nachmittag besuchten wir noch die Kathedrale von St. Jean, die uns mit viel Ruhe empfing. Wie immer entzündete ich eine Kerze für Flori und für alle, die mir so sehr am Herzen liegen.



"Gott, hier bin ich
Meine Gedanken sind noch in dem Tag,
den ich heute gelebt habe.

Hier bin ich, Gott,
und möchte so gerne ruhig werden -
aber noch ist Unruhe in mir.

Hier bin ich, Gott,
und möchte gerne beten, aber ich finde keine Worte.

Hier bin Gott, 
und möchte dich hören - 
aber in mir ist noch so viel Lärm. 

Gott, hier bin ich, mit meinem Tag, 
den ich heute gelebt habe, 
mit der Unruhe in mir, 
mit meiner Sprachlosigkeit,
mit dem Lärm in mir, 
der die Ohren taub macht. 

Du nimmst mich an, 
so wie ich bin.

Gott, hier bin ich. "

(Andrea Schwarz)

Seid behütet
Eure Karin

Donnerstag, 28. Mai 2015

2014 - und weiter gehts!
Nun bin ich schon im letzten Jahr angekommen, ab Samstag machen wir uns auf unsere 2015er Etappe und da werde ich versuchen, jeden Tag einen kleinen Eindruck mit Bildern in den Blog zu stellen. 

Aber erstmal 2014, damit die Sammlung komplett ist :)
Im April sind wir gestartet und sind mit unserem Bus von daheim aus über Beaune, wo wir das weltbekannte Hotel Dieu besichtigt haben, nach Le Puy-en-Velay gefahren.

Mir war es wichtig, dass wir unsere langen An- und Heimfahrten mit einer kurzen kulturellen Station auf dem Weg unterbrochen haben. 2015 wird das nicht mehr gehen, da wir mit dem Flugzeug direkt von München nach Bilbao fliegen. Für die vergangenen Jahre empfand ich diese Ausflüge immer als Bereicherung.

Das Hotel Dieu in Beaune hat mich beeindruckt, das Gründungsjahr wird mit 1443 angegeben und es ist erst seit 1971 als Museum zugänglich. Alle, die medizin-historische Geschichte interessiert, sollten da mal gewesen sein. Wir machen den Rundgang und staunen über die wundervolle Architektur. Anschließend ist noch Zeit für einen Cappuccino und dann geht es weiter.

Am nächsten Morgen starten wir unseren Weg in Le Puy-en-Velay, die Temperaturen sind angenehm und der Weg durch die Stadt lohnt sich, denn wir laufen über den Markt und erfreuen uns an dem überreichen Angebot an regionalen Köstlichkeiten. 

Ein Schild in einer Seitenstraße zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind und der noch 1522 km beträgt.

Nun beginnt die Via Podiensis und wir wenden uns in südwestlicher Richtung hinaus aus Le Puy. Der Aufstieg ist anstrengend, die Stimmung gut. Eine Pilgerschwester erinnert sich an ein Ostergedicht (Die Lerche stieg am Ostermorgen) und es wird uns ein Vergnügen sein, in den nächsten Tagen dieses lange Gedicht auswendig zu rezitieren. Es dauert allerdings fast die halbe Woche, bis wir alle den Text intus haben, was für gehörige Heiterkeit sorgt. 

Über Montbonnet mit der Kapelle des hl. Rochus führt uns der Weg über Le Chier hinab zur Mühle Piqumeule. 


Unser Tagesziel St-Privat-d’Allier ist bald erreicht und wir halten in der aus dem 12. Jahrhundert stammenden Kirche unseren Abendimpuls.

Am anderen Tag ist es gar nicht so einfach, den weiteren Jakobsweg zu finden, die Beschilderung ist nicht immer ganz eindeutig. Gott sei dank haben wir unsere Führer, die zielsicher immer den richtigen Weg für uns auf ihren detaillierten Karten finden. Wir erreichen den Weiler Combriaux und erklimmen einen Höhenweg, auf dem wir weitergehen. Durch einen Wald geht es dann ziemlich steil bergab, also daran werde ich mich wohl in 2800km nicht gewöhnen können. Das ist einfach ultra anstrengend! Punkt!




Der Fluß Allier hat eine schmale, aber stabile Stahlbrücke, über die wir sicher hinüberkommen. Monistrol ist bald darauf erreicht und hier beginnt wieder ein Aufstieg, diesmal auf das Hochplateau der Margaride. In Serpentinen ersteigen wir den Wald, bis wir in Montaure auf einer Höhe von 1022 m ankommen. Das Wetter ist angenehm und so fällt das Laufen, auch bergauf und bergab, leicht. Wir wandern durch die schöne Natur, entdecken viel am Weg, so manchen verfallenen Bauernhof, der von der Landflucht in dieser Gegend Zeugnis gibt. Am späten Nachmittag erreichen wir das Örtchen Clauze und somit unseren Tagesendpunkt.

Der 4. Tag beginnt mit einer kleinen Andacht in im Weiler Chanleilles. Hier lese ich die Geschichte vom Baum und vom Landstreicher, die ich am Ende dieses Postes einfügen werde. Sie gibt uns viel Anregung zum Gespräch auf dem weiteren Weg.
Buschwindröschen gibt es hier und ich freu mich darüber, auch wenn mir, wie üblich, erst jemand sagen muss, dass das Buschwindröschen sind. Ich und die Botanik, naja, auch so ein Thema wie ich und der Orientierungssinn. Aber ich steh zu meinen Schwächen und frag halt, wenn ich etwas nicht weiß.
Wir laufen an der Domaine du Sauvage vorbei , welche vom Templerorden im 13. Jh. errichtet wurde.



Die Passhöhe Col de l’Hospitalet auf 1304m ist erreicht und wir finden die Quelle des hl. Rochus, das Wasser soll bei Augenleiden und bei der Wundheilung helfen. Nachmittags liegt St.-Alban-sur-Limagnole (hatte ich schon erwähnt, wie schön ich allein diese Namen finde?) auf unserem Weg und wir besichtigen die romanische Kirche und die Burg. Nach einer Pause geht’s weiter und wir gehen eine gute Stunde und kommen in Les Estrets an, wo wir diesen schönen Pilgertag beschließen.

Schon ist der 5. Tag und somit die Halbzeit unserer Pilgerzeit angebrochen. Von Les Estrets aus sind es 23 km nach Finieyrols, die wir heute zu gehen haben. 

Aumont-Aubrac mit der Abtei St. Etienne , La Chaze-de-Peyre, die Chapelle de Bastide und Lasbros erwandern wir. Nach der Pause geht es weiter nach Les Quatre Chemins mitten durch das Aubrac. Die Landschaft ist karg und weit und erinnert uns an die schottischen Highlands.




Die Wege sind überflutet, sumpfig und schwer zu gehen. Wir sind jedoch gut mit Schuhwerk und unseren Wanderstöcken ausgerüstet, so dass uns dies keine Kopfschmerzen bereitet und wir mit viel Spaß von Diele zu Diele springen.
 


Was uns auffällt, Menschen begegnen wir nur ganz selten in diesem Gebiet. So erreichen wir den Weiler Finieyrols, unser Tagesziel.

Von dort aus laufen wir am nächsten Morgen durch eine schöne Landschaft und beobachten zwei Männer, die mit einem landwirtschaftlichen Gerät Narzissen „mähen“, die für die Parfümherstellung gebraucht werden.  
Der Weiler Montgros ist erreicht und von dort aus geht es schnell nach Nasbinals. In dieser Gegend, so erfahren wir, wohnen nur 6 Einwohner pro km², deshalb sehen wir wohl auch so wenige Menschen. Nun steht der höchste Punkt der Via Podiensis auf 1368m an, den wir locker erklimmen. Wieder wechseln wir das Departement und erreichen die Klosteranlage Domerie d’Aubrac.





In früheren Zeiten war das Pilgern in dieser Gegend so gefährlich, dass 1120 das Hospiz Notre-Dames-des-Pauvres gegründet wurde, von dem heute noch die Kirche und der Turm stehen.

Abwärts geht in bis Saint-Chely-d’Aubrac, gute 500m tiefer gelegen, wo wir unser Nachtquartier beziehen. Wir besichtigen das kleine Örtchen mit dem obligatorischen Kriegerdenkmal mit dem Hahn darauf, die Kirche und den Marktplatz.

Wieder ist ein 1. Mai gekommen und wir verlassen den schönen Ort  über die Pilgerbrücke aus dem 16. Jahrhundert. 





Aufwärts geht es wieder einmal und vorbei an Les Recours, Conailles, Les Cambrassats zum Weiler L’Estrade. Vorher rauf, dann wieder runter zum Lot-Tal, nichts Neues für uns. St-Come-d’Olt  ist ein wunderschöner Ort mit einem mittelalterlichen Stadtbild.

Wir verlassen auch diesen Ort über eine Pilgerbrücke an das andere Ufer des Lot. Steil geht es bergauf nach Espalion mit der Eglise de Perse. Sie ist wunderschön und fast ohne Mobiliar. Wir singen tief ergriffen von der Schönheit dieser romanischen Kirche und von der Dankbarkeit, so weit gekommen zu sein .
 




Wir verlassen Espalion und erreichen Bessuejouls mit der Kirche St. Pierre. Heute laufen wir viel auf Asphalt, was ich und wir alle unangenehm spüren. Der große Teil des Weges führte bisher doch immer auf Feld- und Wiesenwegen und auch wenn diese bei Regen nicht so schön sind, sind sie mir doch tausendmal lieber als viel Teer und Asphalt.

Unser letzter Wandertag bricht an und wir starten, um unser Tages- und Jahresziel Conques zu erreichen. Golinhac ist unser Punkt für die Morgenandacht, in der Kirche St. Martin sammeln wir uns. Der Weg zieht sich hin und bald liegt Espeyrac vor uns. Ein schöner Ort, wo wir eine kleine Kaffeepause in einem Cafe machen. Die Besitzer sind von so vielen Pilgern auf einmal einigermaßen überrumpelt, versorgen uns dann aber ganz wunderbar mit Kaffee, den wir vor dem Cafe sitzend genießen.



Einen erstes Hinweis auf die hl. Fides, die Schutzheilige von Conques, finden wir am Bauernhof Celis. Senergues und der Weiler St. Marcel sind erreicht und weiter geht durch Wiesen und Felder, mit Auf- und Abstiegen, bis wir auf einen Feldweg, der in einen ziemlich steil abgehenden Waldweg mündet, das Hinweisschild nach Conques entdecken. Der Abstieg hat es noch in sich, aber er will gegangen sein und am Ende wartet unser Jahresziel Conques.



Wenn man auf dem Platz vor der Kathedrale der hl. Fides steht, fühlt man sich zurückversetzt ins Mittelalter oder zumindest auf das Filmset eines Musketierfilmes.
 



Für den nächsten Tag haben wir eine Stadtführung gebucht, wir gehen noch ins Tourismusbüro und lassen uns das nochmal bestätigen und dann geht es zurück ins Nachtquartier. Am nächsten Tag machen wir einen Stop an einem Aussichtspunkt, von wo man einen wunderbaren Blick hinunter auf Conques hat. 




Dann zeigt uns eine junge Frau Conques und seine Sehenswürdigkeiten. Besonders der Tymponon über dem westlichen Eingangsportal der Kathedrale fesselt uns. Wie so oft ist das Jüngste Gericht dargestellt.

   



Leider kann unsere Führerin nicht ganz so gut deutsch, was die Qualität der Führung sehr beeinträchtigt. Aber sie gibt sich Mühe und so geht es dann schon. Nach der Führung haben wir noch etwas Zeit und wir erkunden das Klostergelände und den Ort auf eigene Faust.

Heimwärts geht es dann am späten Nachmittag mit einem Zwischenstop in Paray-le-Monial, denn mittlerweile können wir die Heimreise nicht mehr in einem Zug fahren, da die Lenkzeiten des Busfahrers sonst ins Wanken geraten. 

Wir nutzen die Gelegenheit, das schöne Städtchen zu besichtigen. Am andren Tag besuchen wir den Sonntagsgottesdienst in der Klosterkirche der Dominikanerinnen. Wir sitzen als Zuschauer in dieser Kirche, denn es sind wohl noch andere Gottesdienstbesucher als wir da, aber der Priester wendet sich ausschließlich den Nonnen zu, was ich als merkwürdig empfinde. Die Sprachhürde tut ihr ihriges und so fühle ich mich nicht willkommen und zugehörig, schade. 

Anschließend nehmen wir uns noch die Zeit, den Dom von Paray-le-Monial mit einer Führung kennenzulernen. Diesmal kann unser Führer perfekt Deutsch und es macht Freude, ihm zuzuhören. 
 
Wir treten die Heimreise an, machen noch im Elsass einen kleinen Zwischenstopp im Selestat und kommen am Abend daheim in Langensendelbach an.


Der Landstreicher und der Baum

"Da stehst du nun" sagte der Landstreicher zum Baum. "Bist zwar groß und stark, aber was hast du schon vom Leben? Kommst nirgendwo hin. Du kennst den Fluß nicht und nicht die Dörfer hinter dem Berg. Immer an derselben Stelle! Du kannst einem leid tun" Er packt sein Bündel fester und geht los. "Da gehst du nun", sagte der Baum. "Immer bist du unterwegs. Hast keinen Platz, an den du gehörst. Du kannst einem wirklich leid tun"! Der Landstreicher blieb stehen.
"Hast du das wirklich gesagt?" fragte er und schaute zum Baum empor. "Wer sonst?" sagte der Baum. "Siehst du hier jemanden außer mir?" "Ne" sagte der Landstreicher. "Meinst du wirklich, was du sagst? Ich gehe in die Welt, Tag für Tag, ich kenne die Menschen und die Häuser mit den rot gedeckten Dächern ..."
"Zu mir kommt die Welt" sagte der Baum. "Der Wind und der Regen, die Eichhörnchen und die Vögel. Und in der Nacht setzt sich der Mond auf meine Zweige".
"Jaja" sagte der Landstreicher. "Aber das Gefühl zu gehen - Schritt für Schritt"
"Mag schon sein", sagte der Baum, "aber das Gefühl zu bleiben - Tag und Nacht" "Bleiben" sagte der Landstreicher nachdenklich, "zu Hause sein. Ach ja" sagte er. Und der Baum seufzte: "Gehen, unterwegs sein zu können - ach ja"
"Wurzeln zu haben" sagte der Landstreicher, "das muss ein tolles Gefühl sein"
"Ja" sagte der Baum, "ganz ruhig und fest ist es. Und wie lebt man mit den Füßen?" "Leicht", sagte der Landstreicher, "flüchtig und schnell". "Wenn wir tauschen könnten" sagte der Baum, "nur für eine Weile"
"Ja", sagte der Landstreicher, "das wäre schön".
"Lass uns Freunde sein", sagte der Baum. Der Landstreicher nickte und sah ihn an. "Ich werde wieder kommen" versprach er "und ich werde dir vom Gehen erzählen". "Und ich" sagte der Baum, "erzähle dir dann vom Bleiben. Möchtest du das?"
(Verfasser leider unbekannt)


Seid behütet

eure Karin